Cichorium intybus - Gewöhnliche Wegwarte

Eine blaue Blume blüht am Wegesrand,
Wegwarte wird sie genannt,
ihre Blüten sind wie blaue Augen,
die sehnsüchtig in die Ferne schauen.

Ein junger Mann und ein Mädchen
lebten glücklich in einem Städtchen,
sie waren ineinander verliebt,
eine Liebe, die es nur ein Mal gibt.

Doch er zog in einen sinnlosen Krieg,
kehrte nicht mehr nach Hause zurück.
Sie wartete am Wegesrand Jahr für Jahr,
doch er blieb verschollen immerdar.

Sie konnte es einfach nicht fassen,
dass das Glück sie hatte verlassen.
Die blaue Blume am Wegesrand
wurde nach dem Mädchen benannt.

Einsam und traurig blieb sie zurück,
der  Krieg hatte genommen ihr Glück.
Die Wegwarte will ein Symbol sein,
die Welt von sinnlosen Kriegen befrei’n!

Hannelore Knödler-Stojanovic, Ludwigsburg

Die gewöhnliche Wegwarte gehört zur Familie der Korbblütler (Asteracea). Sie kann eine Wuchshöhe von 30 bis 140 cm erreichen. Sie bleibt auf nährstoffarmen Böden eher klein, wohingegegen sie auf nährstoffreichen Böden eine stattliche Höhe erreichen kann. Sie blüht von Juni bis Oktober in einem schönen, strahlenden Himmelblau. Die einzelne Blüte öffnet sich maximal nur für einen Tag, mittags verschliesst sie sich und bleibt verschlossen. Sie blüht auch nicht den ganzen Tag, sondern öffnet ihre Blüten von morgens sechs bis zur Mittagszeit. Die Blüten folgen der Sonne. Sie ist gehört zu den Pflanzen, die der Botaniker Linne in der traditionellen Sonnenuhr pflanzte. Schlägt das Wetter um, so kann man auch dieses an ihren Blüten erkennen. Sie verschliesst sich auch bei nahenden Regen.

Man findet sie an den unterschiedlichten Standorten, sie kann mit frischen Böden genauso gut umgehen wie mit trockenen, nährstoffarm oder nährstoffreich ist ihr egal, nur am liebsten möchte sie in der vollen Sonne stehen. In der freien Natur findet man sie auf Weiden, Ruderalstellen, an Acker- und Wegrändern. In meinem Garten finde ich sie auch oftmals in Pflasterfugen, wo sie eher sehr klein und abgesehen von den "Blühstunden" eher unscheinbar wirkt. Auch auf schweren Lehmböden siedelt sie sich gerne an. Gegenüber Salz ist sie sehr tolerant, weshalb man sie auch zur Begrünung von Strassenrändern gut verwenden kann.

Die Pflanze gehört zu den Hemikryptophyten, weshalb ihre dem Löwenzahn sehr ähnliche Blattrosette wintergrün ist. Sie ist ausdauernd und krautig, und bildet eine tiefe Pfahlwurzel, weshalb man sie nur schwer verpflanzen kann.

Beheimatet  ist sie in Europa, Westasien und Nordwestafrika. In der Schweiz gilt sie als nicht gefährdet und ist weit verbreitet. Eine Verwechslung mit anderen Pflanzen ist eher unwahrscheinlich, da sie von einem bitteren Milchsaft durchzogen ist. Einzig mit dem verwandten Löwenzahn kann man die noch jungen Pflanzen verwechseln, da ihre Blattrosetten auf den ersten Blick sehr ähnlich sind.


Sie kommt nicht nur in der Mythologie, der Lyrik und in verschiedenen Sagen oftmals vor, sondern wurde sogar in der Neuzeit mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 2020 wurde sie als „Heilpflanze des Jahres“und im Jahr 2009 als „Blume des Jahres“ ausgezeichnet. Eine dritte Auszeichnung erhielt sie im Jahr 2005 als „Gemüse des Jahres“.

Um die gewöhnliche Wegwarte rangen sich seit jeher viele Gedichte, Mythen und Sagen. Im bekanntesten Mythos geht man davon aus, dass die Wegwarte ein verwandeltes Burgfäulein ist, welches auf ihren Ritter wartet. Dieser ist nach Jerusalem in den heiligen Krieg gezogen und nie mehr wieder zurück gekommen. Ihre Trauer war so gross, dass sie mit dem Boden tiefverwurzelte. Die blauen Blüten spiegeln die blauen Augen des Burgfäuleins wieder.

Der Dichter Hermann Löns widmet in seinem Band „Der kleine Rosengarten“ der Wegwarte ein Gedicht in dem es eben um dieses Warten am Wegesrand geht. Auch Isolde Kunz schreibt in ihrem Gedicht „Die Wegwarte“ von dem Warten auf das Glück am Wegesrand. Sie wird auch für unglaublich magisch gehalten, so wurde sie oftmals für den einen oder anderen Liebeszauber verwendet. Eine andere Sage besagt, dass wenn die Wurzel nach einem bestimmten Ritual ausgegraben wurde, sie den Träger unbesiegbar und unverwundbar macht.

Bei den Kelten war sie eine sehr verehrte Pflanze, sie verkörperte die Vegetationsgöttin und war damit die Tochter von Mutter Erde. Ihr Gemahl war der Sonnengott (Sohn des hohen Himmels). Mit ihren blauen Augen verfolgte sie seine Bahnen von der Erde aus. Der Sonnengott erschien den Menschen immer in Form eines Hirsches, weshalb bei bestimmten Zaubersprüchen bzw. Ritualen immer mindestens ein Stück eines Hirschgeweihes benötigt wurde. Auch galt die Zauberkraft als besonders stark, wenn die Wurzel mit einem Stück eines Hirschgeweihes ausgegraben wurde.

 

Für Schädlinge ist sie uninteressant, die Schnecken verschmähen sie. Allerdings Bienen und Schwebfliegen fliegen sie sehr gerne an. Sie ist aber nicht nur für die Honigbiene interessant, sondern auch für viele Widbienen. Zu den zahlreichen Besuchern gehöhren viele Furchen- und Schmalbienen. Die Samen werden gerne von den Vögeln (auch vom Distelfink) gefressen.

 

Die gewöhnliche Wegwarte ist eine der wichtigsten Pflanzen in der Pflanzenheilkunde. Sie wurde von Karl des Grossen in der Langüterverordnung (Capitulare de villis) geführt. Dabei handelt es sich um eine sehr detaillierte Vorschrift über die Verwaltung der Krongüter und sie wird als Quelle für die Witschafts-, speziell die Agrar- und Gartenbaugeschichte verwendet.

 

Die Pflanze gilt als schweisstreibend (Paracelsus), als Mittel gegen Magen-Darm-Beschwerden und Leberkrankheiten (Kneipp). Sie stimuliert die Milz, Leber und Galle und unterstützt deren Heilung, sie hat eine reinigende Wirkung bei Hautkrankheiten und gilt als Heilmittel bei Ekzemen der Haut.

Die Wurzel der gewöhnlichen Wegwarte ist ein appetitanregendes (verdauungsförderntes) Mittel, welches auch bei Reizmagen eingesetzt werden kann. Zur innerlich Anwendung empfiehlt sich der sogenannte Kinderkaffee (Muckefuck). Das Inulin (ein Ballaststoff) in der Pflanze stärkt die gesunde Darmflora und es ist wissenschaftlich belegt, dass es eine positive Wirkung bei Diabetes hat. Das Cholin (ein vitamin-ähnlicher Stoff) vermindert die Fetteinlagerung im Körper und wirkt  blutdrucksenkend. Das Intybin regt die Flüsse im Körper an, besonders von Speichel, Galle, Magen und Harn (hantreibend).


Die Wurzel, die Blüten und Blätter der Pflanze sind essbar. Aus ihr wurden die Kulturformen von Chicoreé, Zuckerhut, Radicchio, Schnittchicoreé und Wurzelchicoreé gezüchtet. Sie ist mit der Endivié und der Friseé verwandt. Die Blätter und Blüten sollten im August gepflückt werden. Die Blüten kann man gut in Salaten oder im Tee verwenden. Die jungen Blätter können ebenso wie Löwenzahn im Salat verwendet werden (nicht zu viele aufgrund des doch stark bitteren Geschmackes). Aus der getrockneten Wurzel lässt sich der sogenannte Muckefuck (Ersatzkaffee) herstellen, welcher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr beliebt war und auch zur Streckung von Bohnenkaffee verwendet wurde.