Der Igel - stacheliger Freund


Es ist Frühling im Jahr 2050. Ich stehe mit meiner Tochter und meinem Enkelkind an der Hand irgendwo im Zoo. Im Terrarium vor uns herrscht Dunkelheit - alles ist nur spärlich beleuchtet. Dann sehen wir ihn. Aus einem Laubhaufen in einer Ecke schaut uns eine kleine Stupfsnase entgegen. Ich freue mich, bin aufgeregt. Sofort bücke ich mich zu meiner Enkeltochter hinunter, zeige ihr den kleinen Igel vor uns. Er stapft auf uns zu, schnuppert. Er schaut mir in die Augen. Ich höre seine Stimme.

"Wo warst Du - Sternenkind?"

Ich traue meinen Ohren nicht. Und dann höre ich ihn wieder. Wieder fragt er: "Wo warst Du - Sternenkind? Wo warst Du, als der letzte meiner Art in Freiheit zu den Sternen ging?"

Ich schüttle den Kopf. Ich traue meinen Ohren nicht. Spricht er wirklich zu mir? Und wieder höre ich ihn.

"Wo warst Du - Sternenkind? Wo warst Du, als der letzte meiner Art in Freiheit zu den Sternen ging?

Der letzte meiner Art machte sich wie jede Nacht auf den Weg um Futter zu suchen. Er hatte grossen Hunger, sein Bauch knurrte, ihm fehlte die Kraft, aber er musste gehen. Irgendwo muss er doch etwas finden. Es gab fast keine 

Insekten mehr, Eure Gärten waren eine Wüste für uns. Dann, er fand etwas. Da hingen leblose Raupen.

Er frass sie, sein Hunger war zu gross. Sie waren vergiftet mit Pestiziden -  ihr Sternenkinder wolltet kein

Leben in Euren grünen Wohnzimmern. Alles musste sauber sein.

Er merkte, dass etwas mit ihm nicht stimmte, suchte nach Wasser.

Es ging ihm wahrlich nicht gut.

Er fand Wasser, hier in der Siedlung hat es viele Pools. Er beugte sich zum Wasser, der Geruch nach Chlor war ihm mittlerweile schon bekannt. Aber was sollte er tun. Er hatte so Durst, er musste die Gifte wieder loswerden.

Dann hinter ihm - ein lautes knurren. 

Ein Hund kam auf ihn zugestürmt. Ein lautes bellen. Er erschrack - wollte sich aus Schreck zusammenrollen.

Verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Wasser. Er schwamm so lange er konnte, er kämpfte. 

Geschwächt von Hunger, Durst und den vielen Giften dauerte es nicht lange.

Sein Körper gliet hinab in die Tiefen des Wassers - während seine Seele zu den Sternen flog."

"Wo warst Du - Sternenkind?"

Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich hatte keine Antwort.

Wir hatten alle Möglichkeiten, wir hatten es in den Händen, wir hätten es aufhalten können...

 


Im Prinzip ist der Igel ein gern gesehener Gast in unseren Gärten, dennoch ist seine Art immer mehr am Verschwinden. Die Gründe hierfür sind sehr verschieden.
In früheren Zeiten, als es noch eine abwechslungsreiche und vielfältige Kulturlandschaft gab, war der Igel dort zu Hause. Er lebte in Hecken, an Waldrändern und durchstreifte extensiv bewirtschaftete Wiesen. Diese Strukturen sind weitgehendst verschwunden oder wurden stark dezimiert. Mit dem Verschwinden der Strukturen und dem vermehrten Chemie-Einsatz in der konventionellen Landwirtschaft verschwanden auch die Insekten von den Flächen. Sie bilden zusammen mit anderen Kleinsäugern, gelegentlich Vogeleiern, Regenwürmern und in der Not auch mal Schnecken,  die Nahrungsgrundlage der Igel. 

Im Englische heisst er hedgehog, was soviel wie "Heckenschwein" bedeutet und abgesehen vom Aussehen seine Lebensweise gut beschreibt. Da sein Lebensraum immer mehr verschwand, kam er als Kulturfolger in die Nähe der Menschen. Er hielt Einzug in unsere Gärten und Parks, wo er meistens ein gern gesehener Gast und Bewohner war. 

Dieser für ihn letztmögliche Lebensraum wird ihm immer mehr genommen. Zum einen findet er keine ausreichende Nahrung mehr, was zum Teil am generellen Artensterben liegt, welches wir aber durch die richtige Bepflanzung und die Schaffung von richtigen Strukturelementen in unseren Gärten zumindestens ausbremsen könnten. Zum anderen 

nimmt der Einsatz von Chemikalien immer mehr zu, was natürlich die Anzahl der Insekten weiter stark dezimiert. Ein weiterer Punkt ist die zunehmende "Sterilität" und die daher fehlenden Strukturen in vielen Gärten. Viele Gärtner "räumen ihre Gärten im Herbst so richtig auf", dadurch entsorgen sie viele überwinternde Insekten, Käfer und -larven sowie Raupen einfach in der Biotonne. Diese Nahrungsgrundlage fehlt dann natürlich im Früjahr. Viele Gärten werden heute als Schottergarten gestaltet oder wenn es dann doch mal grün sein darf, so bildet ein kurzgetrimmter Rollrasen häufig die Grünfläche ums Haus, umrandet wird das ganze dann oftmals mit Thujahecken oder Kirschlorbeer und als Bepflanzung finden die gängigen (zum Teil invasiven) Neophythen der Gartencenter oder Baumärkte Verwendung. 

Was können Wir für den Igel tun?

Wir brauchen passende Strukturen!

  • Der Igel fühlt sich bei der Nahrungssuche nur dann wohl, wenn er sich beim Auftauchen von Feinden (auch vor uns Menschen) jederzeit verstecken kann. Dies tut er am liebsten in dichten Hecken, in hohen Staudenbeeten (Krautsaumen) oder Asthaufen. 
  • Für seinen Winterschlaf benötigt er dauerhaft vorhandene Asthaufen oder Laubhaufen, welche bis ins späte Frühjahr liegen bleiben dürfen. Dort baut er sich dann gerne sein Nest. Vielleicht nutzt er den Asthaufen auch im Sommer um dort seine Jungen grosszuziehen. Beim Entfernen dieser Haufen sollte man immer mit grösster Vorsicht vorgehen und die Haufen keinesfalls im Zeitraum von November bis März umsetzen. Stört man den Igel beim Winterschlaf, so dass er aufwacht, kann dass seinen Tod bedeuten. Er benötigt in diesem Moment sehr viel Energie, die er aufgrund des im Winter fehlenden Futters nicht wieder aufnehmen kann. Am besten setzt man sich dann mit einer Igelstation in Verbindung, da der Igel dann im kontrollierten Winterschlaf (mit Fütterung) gehen sollte. 
  • Igel fühlen sich auch in offenen Komposthaufen sehr wohl. Die dort vorhandene Wärme und das überaus grosse Nahrungsangebot ziehen sie fast magisch an. Aus diesem Grund sollte man beim Umsetzen keine  spitzen Werkzeuge wie Mistgabeln oder Haken verwenden. Diese können die Igel (oftmals unbemerkt) schwer verletzen. 
  • Die Igel brauchen geeignete Trinksstellen. Dazu eignen sich Vogeltränken oder wenige Zentimeter hohe Schalen. Dass Wasser sollte regelmässig getauscht werden und die Schalen sollten stets sauber gehalten werden. (Bei gut zugänglichen Gartenteichen mit Flachwasserzone ist dies nicht erforderlich.)

Todefallen vermeiden!

  • Gartenteiche nicht mit steilen Kanten planen. Igel können zwar Schwimmen, ertrinken aber quallvoll ohne Ausstiegshilfe. Besser wäre es, bei der Planung eine ausreichende Flachwasserzone einzuplanen. Gartenpools sollten entweder abgedeckt werden oder mindestens mit einer geeigneten Ausstiegshilfe versehen werden. Auch leere Pools können zur Todesfalle werden, da Igel (und natürlich andere Tiere) hineinfallen können.
  • Vogelschutznetze über Gemüsebeeten oder Ansaaten niemals bodeneben installieren. Gleiches gilt für Laubschutznetze über Gartenteichen, Pools oder ähnlichen. Es sollte immer ein Abstand von 30 cm über Boden eingehalten werden. Die Igel können sich Verheddern und quallvoll verenden. Netze immer täglich kontrollieren.
  • Auf den Einsatz von Fadenmähern oder Mähroboter verzichten. Igel flüchten nicht vor nahenden Gefahr, sie rollen sich zusammen und können dabei schwer verletzt werden. 

Bei drohender Gefahr oder wenn sie hochgehoben werden, rollen sich gesunde Igel immer ein. Tun sie dieses nicht, so ist davon auszugehen, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Es ist dann ratsam, mit einer Igelstation oder einem Veterinärmediziner Kontakt aufzunehmen. Der Igel zeigt dem vermeindlichen Feind seine Stacheln und schützt mit der Kugelbildung seine verletzbaren Körperteile. Dieses zeigt bei  Angriffen durch Fressfeinde Wirkung. 

Problematisch wird diese Haltung erst bei herannahenden Fahrzeugen, Fadenmähern und Mährobotern. In letzter Zeit nimmt der Einsatz dieser Geräte immer mehr zu, weshalb es immer öfter zu teilweise schwerverletzten Tieren kommt. 

Notfalls zufüttern - aber richtig!

Finden Igel über einen längeren Zeitrau nicht ausreichend Nahrung, so kann es zu Bildung eines sogenannten Hungerknicks kommen. Dabei sind sie zwischen Kopf und Nacken stark eingefallen und machen dabei einen generell sehr abgemagerten und geschwächten Eindruck. Oftmals sind sie dann auch tagsüber aktiv. Ein hungernder Igel kann kurzfristig (einige wenige Tage) mit Katzennassfutter zugefüttert werden. Allerdings sollte eine dauerhafte Fütterung unterlassen werden; man tut den Tieren damit dauerhaft nichts gutes. Dass Katzenfutter entspricht zum einen in seiner Zusammensetzung nicht der natürlichen Futterzusammensetzung der Igel, zum anderen kann es aufgrund genau dieser Zusammensetzung den Tieren sogar gesundheitlich schaden. Auf das Füttern oder untermischen von pflanzlicher Nahrung (Nüsse, Obst, Körner usw.) sollte auf jeden Fall verzichtet werden, da der Igel ein reiner Fleischfresser ist und pflanzliche Nahrung nicht verdauen kann. Auf die Gabe von Milch sollte verzichtet werden, da die Igel von natur aus lactoseintolerant sind.

Der klassische Hungerknick kann aber auch ein Anzeichen für fortgeschrittenen Parasitenbefall sein. In diesem Fall wäre es ratsam, wenn man Kontakt zu einem Tierarzt oder zu einer Igelstadion aufnimmt. Finden sie zu wenige Insekten als Nahrung, dann ernähren sie sich aus der Not heraus von Schnecken und Würmern. Mit der Anzahl der gerfressenen Tiere steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Igel mit Parasiten infiziert. Viele Schnecken und Regenwürmer sind Träger von Saug-, Haar-, Band- und Rundwürmern. Infiziert sich ein Igel, so benötigt er tierärztliche Hilfe. Der Befall lässt sich unspezifisch an Durchfall, röchelnden Atemgeräuschen oder grünen (schleimigen) Kotspuren erkennen.

Bei kleineren Verletzungen der Haut kann der Igel sehr schnell von den Maden diverser Fliegen befallen werden. Sieht man diese, so sollte man diese umgehend restlos entfernen oder auch hier wieder eine Igelstation hinzuziehen. Die Maden können den Igel innert weniger Tage von innen bei lebendigen Leib auffressen.

Der Igel - ein Lichtbringer

Der Igel gilt in der Mythologie als einer der drei Hausgeister von Hexen. Deshalb wurde in der Vergangenheit im Beisein von Igeln kein Geheimnis ausgeplaudert.

Der Igel sieht sehr schlecht, weshalb er sich seinen sehr guten Geruchs- und Geschmackssinn zu Nutzen macht. Er will uns darauf aufmerksam machen, dass wir nicht mit unseren Schwächen hadern - sondern unsere Stärkern nutzen.

Zum einen zeigt der Igel, dass Eingekugelt sein. Andere Menschen kommen praktisch nicht mehr oder nur sehr schlecht an einen heran. Zum anderen steht der Igel mit seinen aufgerichteten Stacheln für die Sonne. Er soll uns Menschen zeigen, dass es wieder Zeit ist, sich in die Sonne (des Lebens) - ins Licht zu stellen. Es ist Zeit für einen inneren Aufbruch - hinaus ins Leben, seine Träume leben und wieder aus sich heraus kommen. Man hat lange genug verzichtet und sich selbst in den Hindergrund gestellt. Er zeigt uns auch, dass wir nicht immer selbst das Problem sind, sondern als Menschen oftmals nur zwischen Fronten geraten oder zur falschen Zeit am falschen Ort waren. 

Erscheint uns der Igel in unseren Träumen, so will er uns auf Neider im Umfeld aufmerksam machen. Manchmal will er uns aber auch unsere eigene Verletzlichkeit und Unsicherheit zeigen, mit aktuellen Problemen umzugehen. Sticht man sich im Traum an seinen Stacheln, so sollte man seine Gehmeimnisse für sich behalten, da Verrat droht.

Igel und das Thema MRSA

Bei MRSA handelt es sich um antibiotikaresistente Keime der Gattung Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, welche eine der häufigsten Krankenhauskinfektionen darstellt. Laut einer Studie (pupliziert im Nature) ist nun bekannt, dass der häufige Einsatz von Antibiotika zwar Resistenzen begünstigt, aber nicht die alleinige Ursache ist. Innerhalb dieser Studie wurde nachgewiesen, dass ein bestimmter MRSA-Stamm, das mecC-MRSA, schon vor 200 Jahren in der freien Natur auf der Haut von Igeln vorkam. Bei genaueren Untersuchungen kam heraus, dass rund 60 % der Igel in Schweden und Dänemark diesen Keim mit sich herumtragen. Auch im restlichen Europa ist die Verbreitung von mecC-MRSA bei Igeln sehr hoch. 
Sehr wahrscheinlich führen der Pilz Triophyton und das Bakterium Staphyllococus seit 200 Jahren einen unerbittlichen Kampf auf der Haut der Igel aus. Der Pilz sondert als Waffe gegen das Bakterium ein Antibiotikum ab und als natürliche Reaktion, hat nun das Bakterium eine Antibiotikaresistenz ausgebildet. Ein Superkeim entstand.

Einer der Hauptautoren der Studie, Dr. Ewan Harrison von der Universität Cambridge, kommt deshalb zu dem Schluss: "Unsere Studie deutet darauf hin, dass nicht der Einsatz von Penicillin für das anfängliche Auftreten von MRSA verantwortlich war, sondern ein natürlicher biologischer Prozess. Wir glauben, dass sich MRSA in einem Überlebenskampf auf der Haut von Igeln entwickelt hat und sich dann durch direkten Kontakt auf Nutztiere und Menschen ausgebreitet hat."


Die Ergebnisse dieser Studie lassen darauf schliessen, dass sich die Antibiotikaresistenzen (mehrheitlich) in der Natur entwickelt haben und somit ein grosses Gefahrenpotential für den Menschen darstellen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis mehr dieser Keime den Weg zum Menschen (durch Nutztiere etc.) finden und sich dann nur schwer mit der gängigen Schulmedizin behandeln lassen.